Heute bei uns zu Haus by Aufbau

Heute bei uns zu Haus by Aufbau

Autor:Aufbau
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Belletristik/Hauptwerk vor 1945
Herausgeber: Aufbau
veröffentlicht: 2014-07-08T16:00:00+00:00


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Von Rautchen bis Brumbusch

Mein Vorbesitzer, der Herr Pendel, hatte mir Rautendelein, den Airedale, als eine Blüte des Hundegeschlechts gepriesen. Sie sei wachsam, treu, klug, und vor allem kenne sie keine schwache Stunde, was bei einer Hündin selten, doch wünschenswert ist. Auch sei Rautendelein genügsam, ihre Ernährung sei das Einfachste von der Welt. Und wirklich bekam sie bei Pendels nur Kartoffeln, gewürzt mit Soße aus einem Soßenwürfel.

Meinen Augen präsentierte sich Rautendelein als eine sehr magere Airedale-Hündin mit kurzgelocktem, rauhem Fell – daher ihr Name! – und mit schönen braunen Augen. Sie rasselte erschrecklich mit der Kette und bellte mich wütend an. Also bezahlte ich für sie fünfzig Mark, für die Kette drei Mark, für Hundesteueranteil acht Mark und für einen Eimer mit Soßenwürfeln achtzehn Mark, denn »ich will Ihnen ja auch nicht alles verehren«!

Rautchens Genügsamkeit konnten wir nicht auf die Probe stellen, denn Suse erklärte den Pendelschen Hundeküchenzettel für barbarisch und gab ihr, was ein braver Hund haben muß: zu den Kartoffeln Knochen, Fleischabfälle, auch Gemüsereste. So rundete sich Rautchen bald.

Ihre Treue bewies sie dadurch, daß sie sofort mit Pauken und Trompeten zu uns überging. Sie machte eine wirre Zeit durch, weil der Hof von Bauarbeitern wimmelte und sie sich nicht darüber klarwerden konnte, wer nun eigentlich ihr Herr war. Da ich aber täglich mit ihr spazierenging, was ihr noch nie im Leben geboten war, weil sie nur an der Kette hatte leben müssen, schloß sie mich bald innig in ihr Herz. Sie bewies diese Liebe vornehmlich dadurch, daß sie mich, sobald sie meiner ansichtig wurde, ansprang und versuchte, mein Gesicht abzulecken. Trotzdem sie jedesmal prompt dafür Schläge bekam, war sie von dieser Neigung nicht zu heilen. Damit bewies sie ihre Klugheit.

Was nun ihre schwache Stunde anlangt … Mein Hof war damals, soweit ihn nicht Gebäude umstanden, von einer hohen Mauer aus Feldsteinen umgeben, die auch noch mit Stacheldraht bewehrt war. Wir wohnten wie in einem Kastell. Als ich eines Morgens zu sehr früher Stunde auf diesen Hof kam, traf ich Rautchen in inniger Unterhaltung mit einem riesigen Dobermann. Dieser Herr, mir wohlbekannt und in ein nicht sehr entferntes Landhaus gehörig, war weithin bei Briefträgern, Gartenfrauen und Landarbeitern berüchtigt wegen seiner Bissigkeit. Hier aber, bei einem Schäferstündchen ertappt, versuchte er feige, die Hofmauer zu erklimmen.

Aber es erging ihm wie manchem Liebhaber: zu der Liebsten war er beflügelter Pfote geeilt, kein Hindernis war ihm schwierig erschienen. Jetzt, nach verrichtetem Werk, schien ihm die Zinne zu steil, und kräftig konnte ich ihm das Fell gerben, bis er heulend durch den Stacheldraht entfloh.

Er kam nie wieder, aber statt seiner stellten sich Plisch und Plum ein, mit vielen Geschwistern, die dahingingen, ehe ihre blinden Äuglein sich noch dem Sonnenlicht geöffnet hatten. Aber Plisch und Plum blieben, ein vergnügtes, hilfloses Hundepaar, zwei kläffende, quiekende Bälle aus Haaren und weichem Fleisch mit ungeheuren Köpfen. Vorläufig sahen sie nach gar nichts und allem aus; wir waren gespannt, wie sich die Kreuzung Airedale/Dobermann bewähren würde.

Um diese Zeit, ehe die beiden Knaben noch der Muttermilch entwöhnt waren, wurde ihre Mutter Rautchen von einem bösartigen Hautleiden ergriffen.



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